260E - Der Spasswagen
Rennsemmel
Der 260E ist Baujahr 1987. Er ist
super ausgestattet, hat seit 2005 auch EURO II, mindestens 500.000 km auf
der Uhr, 160 PS, wird manuell geschaltet und säuft wie ein grosser (11 bis
16 Liter).
Historie Der Wagen war von 1988 bis 2007
im Besitz meiner Familie. Bis 1997 fast ausschliesslich auf Langstrecken
eingesetzt, fuhr das Auto von ab 1998 praktisch nur noch
Kurzstrecke. Bis 2001 fuhr meine Mutter den Wagen. Während dieser Zeit
wurde das Ölwechseln leider vernachlässigt. Ganz selten wurde der
Wagen aber in dieser Zeit noch auf Langstrecken eingesetzt. Diese Mischung
aus fehlenden Ölwechseln, häufigen Kaltstarts und seltenen
Highspeedlangstreckenrennen führte zum Motortod im Jahre 1998. Eine
Ventilführung hatte sich verabschiedet, der Motor rauchte, konnte aber
noch auf eigenen Reifen zur Instantsetzung gefahren werden. Der Motor
wurde durch die Firma Seik in Bochum aufgearbeitet. Ab 2001 fuhr meine
Frau das Auto. Ab dieser Zeit wird das Öl 1 bis 2 mal im Jahr gewechselt.
Der 260er lehrt mich regelmäßig, was alles kaputt gehen kann, wenn
ein Auto deutlich über seine Lebensdauer hinausgenutzt wird.
Aufarbeitung im Jahre 2007 Im September 2007 habe ich den Spasswagen dann von meiner (jetzt)
Exfrau zurückgekauft, habe noch einiges in Ordnung gebracht und das Auto
an einen Freund weiterverkauft, der jetzt sehr viel Spass an dem Wagen
hat. Der 260er hat eine Grundreinigung bekommen, einen Ölwechsel und einen
neuen Stern, der irgendwann im Jahre 2007 verlorengegangen war. Zusammen
mit drei Freunden hatten wir uns in der Werkstatt getroffen, so ein
bisschen rumgebastelt und schließlich um kurz vor Mitternacht waren wir
eigentlich fertig. "Was machen wir jetzt?" fragten wir uns. "Lass uns den
maroden Auspuff vom 260er schweißen" sagte ich. Das Auto hatte ich 2001
schon mit einem geflickten Endtopf übernommen, bis 2007 hielt es der Topf
dann ohne weitere Materialzugaben in Form von 0,8mm Schweißdraht und
verzinkten Blechstücken aus. Jetzt aber hatte der Wagen "ganz ordentlich
Bass", wie Jenny philosophierte. Riesige Löcher im Topf und an den
Rohrstutzen wollten verschlossen werden.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er-2.JPG) Ab ging er natürlich nur noch mit Hilfe der
Flex
Der Topf hat ein paar richtig schöne handgedengelte Bleche bekommen
nachdem wir jede Menge Eisenoxid ausgeklopft hatten.
Kurz darauf gab dann der Scheibenwischer auf und ich erinnerte mich,
dass ich den Scheibenwischer meines 300ers schon mal neu abgefettet hatte.
Jetzt konnte ich mich absolut nicht mehr daran erinnern, wie das Getriebe
des Scheibenwischers zerlegt wird. Damit mir das nicht nochmal passiert,
beschreibe ich jetzt wie es geht:
Scheibenwischergetriebe Der Ausbau des Komplett-Scheibenwischergetriebes ist gar
kein Problem. Die Lüfterabdeckung wird abgenommen,
dazu muß die der Abdeckrahmen der Windschutzscheibe abgenommen werden.
Er ist nur eingeklipst. Dann die Abdeckungen
abschrauben und schon sieht man das Scheibenwischergetriebe. Eine, bei
einigen Modellen zwei Muttern abschrauben, zwei lösen, Kabel ab -
ist eben ein Mercedes. Aber dann: Der Motor liegt auf dem
Schreibtisch:
Als erstes wird die Schubstange vom Getriebe
abgezogen (vorher kennzeichnen). Danach muß der Sicherungsring an der
Welle gelöst werden. Danach die Zappelphilipp-Mechanik so verdrehen, dass der Scheibenwischer
"nach oben" zeigen würde. Hier ist eine Aussparung im Zahnkranz.
Jetzt kann die Welle ausgetrieben werden.
1. Die Welle (rechts) wurde aus dem
Nadellager 2.
Der Kunststoffzahnkranz (links)
ausgetrieben.
Der Kunststoffzahnkranz (1. rechts) ist
mit 4 Torxschrauben am Alu-Träger befestigt. Jetzt muß noch das Oberteil
(1. links) zerlegt werden. Dazu werden 4 Torxschrauben gelöst. Die
Schubstange wird vom Kurbelgetriebe abgeflanscht. Die
"Zappelphilip-Mechanik wird gereinigt und neu gefettet. Auch die
Gleitlagerung der Schubstange kann ausgebaut werden. Sie besteht aus einer Bronzebuchse, der nach außen durch einen Simmering
abgedichtet wird. Dazu muß der Sprengring an der Schubstangenlagerung demontiert werden.
Danach kann die Bronzebuchse zusammen mit dem Simmering ausgetrieben werden.
In der Regel wird das aber nicht
nötig sein.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/sw1.JPG) Die Schubstange
der
Zappelphilipmechanik Alle Einzelteile
Anschließend alle gereinigten und neu gefetteten Einzelteile wieder
zusammenbauen. Das ganze hält jetzt zwar nicht mehr so lange, wie
original, aber 5 bis 10 Jahre sollte der Scheibenwischer jetzt wieder
funktionieren.
Im weiteren berichte ich über Probleme mit der Elektrik, der
Motorsteuerung, über den Umbau auf EURO II, Feuchtigkeit im Innenraum
durch die Klimaanlage und Durchrostungen.
Kupplungswechsel
Kupplungswechsel bei Inlinegetrieben ist eigentlich easy, eigentlich -
doch leider kommt man an die Schrauben nicht richtig ran. Zwei
Knarrenverlängerungen und dann muß noch einer am Motor ziehen, damit man
an die obere Schraube kommt. Beim Zusammenbau habe ich dann auch auf diese
Schraube verzichtet ...
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260kupplung2.JPG)
Getriebeglocke
Getriebe von hinten
Diese Kupplung war wirklich kaputt - Da ging gar nichts mehr, die
Torsionsfeder an der Mitnehmerscheibe war gebrochen. Gott sei Dank ist das
auf dem Gragenplatz passiert.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260kupplung4.JPG)
Mitnehmerscheibe
Getriebe von der Seite
Zündschloss Wenn ab und zu das Gebläse während der
Fahrt ausgeht und man am Schlüssel wackeln muß, dann ist der Schalter
hinter dem Zündschloß müde geworden. Also: Zündschloß raus, Schalter
wechseln, Zündschloss wieder rein.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/zuenschloss4.JPG) gestrippte
Armaturentafel
Zündschloss
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/zuenschloss5.JPG) Zündschloss zerlegt
Die K-Jetronik Die W124 Benzinerfahrzeuge
haben eine Kennfeldzündung und eine elektronische Drehzahlregelung.
Ebenso gibt es erste Ansätze einer On-Board-Diagnostik. Die eingebaute
KE-Jetronik funktioniert normalerweise tadellos, funktioniert sie
allerdings nicht mehr, so ist guter Rat meist schwer zu bekommen und
außerdem extrem teuer. Sowohl der BOSCH-Dienst als auch der freundliche
Mercedes Händler um die Ecke ist total überfordert wenn man Ihm mit einer
fast 20 Jahre alten KE-Jetronik um die Ecke kommt. Viele Reperaturen an
diesem Fahrzeug werden mit WD40 Kontaktspray durchgeführt. Die Kontakte
für die elektonische Leerlaufregelung und für den Drosselklappenschalter
haben nach 20 Jahren Ihre Schuldigkeit getan und erwarten eine
Frischzellenkur. Erst wenn sämtliche Kontakte gereinigt und gefettet sind,
sollte man ernsthaft darüber nachdenken, Teile zu tauschen.
Der Umbau auf EURO II, der mit Hilfe einer
Leerlaufanhebung während der Startphase gelingt, führte dann aber dazu, dass ich die Kontakte
alle kennen- und säubern lernte.
Nach der AU im Februar 2006 fuhr der Wagen dann irgendwie ganz
beschissen. Seit der Motorreperatur verbrauchte er deutlich mehr Benzin
als früher, ich schob das aber auf Toleranzen oder so etwas ähnliches.
Jetzt ging der Motor im Stand aber gerne aus und nahm nur widerwillig Gas
an. Nur unter Vollast lief er immer recht gut (Leistungsjammern auf hohem
Niveau).
Peters Garage Gott sei Dank bot mir Peter im April 2006 eine
Exkursion in das Thema "Die K-Jetronik und das Steuergerät und wie ich das
alles messen kann" und in seine Garage an. Hier befreite er ein sorgsam
zusammengelegtes Sammelsurium von Kabeln und Steckern aus einer grauen
Metallkiste und behauptete mit diesen magischen Gerätschaften könne er
einen Kontakt zum 260er hesrstellen.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/tester3.JPG) Der Steuergerät-Tester
Ich war skeptisch und gespannt. Die K-Jetronik (also praktisch das
Gehirn und das Herz des Wagens), spricht mit Hilfe eines Tastverhältnis zu
den Menschen die diese Frage verstehen: Dazu benötigt man ein Oszilloskop,
wie es sich in jedem besseren Kinderzimmer findet oder ein
Schließwinkeltestgerät, das bei uns aber immer wieder gerne
Schließmuskeltestgerät genannt wird. Ein Tastverhältnis von 50:50 heisst:
" Es geht mir gut und alles ist in Ordnung. Alle anderen Tastverhältnisse
bedeuten Fehler, die in einer Liste vermerkt sind. Das Tastverhätnis hier
beträgt 80 bis 90%.
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er-peter.JPG)
Der
Oszillograph
offene Klappe
Relativ schnell fanden wir so auch den Fehler am 260er: Die
Nervenleitung zum Auspuff (Die Lamdasonde) zeigte immer eine sehr niedrige
Spannung an. Sie suggerierte, daß das Benzin-Luftgemisch viel zu mager
wäre und riet der Gemischanfettung ihre Pflicht zu tun. Das führt dazu,
daß im Leerlauf das Gemisch von Sekunde zu Sekunde fetter wurde bis der
Motor sich schließlich nicht mehr in der Lage sah das Drehzahlniveau
aufrecht zu erhalten (Motor aus). Nach dem Durchtrennen der
Leitung der Lamdasonde liefert das Steuergerät eine Spannung von 0.48V und
suggeriert dem System das Gemisch wäre gerade perfekt. Jetzt läuft das
Auto sehr gut, hat auch bei Betriebstemperatur viel mehr
Leistung und verbraucht deutlich weniger Sprit. So einfach ist das Leben.
Trotzdem wird die Lamdasonde so schnell wie möglich getauscht -
und dann hängen wie den Tester nochmal dran. Mal sehen was das Auto
dann sagt. Wer mehr wissen will, der kann sich das unter http://www.thomconsulting.de/MB/O2Sonde.htm
ausführlich erklären lassen.
Feuchtigkeit im Innenraum Feuchtigkeit im Innenraum, besonders im Sommer bei
Fahrzeugen mit Klimaanlage deutet (immer) auf einen verstopften
Kondenswasserablauf hin. Auch diese Eigenart habe ich im 260er gefunden.
Nasse Teppiche hinten und total beschlagene Scheiben im Sommer sind durch
beherztes Freilegen des Kondenswasserablaufs mit einem Schraubenzieher zu
vermeiden. Dazu muß der Teppisch der Mittelkonsole auf der linken Seite
entfernt werden. Der Ablaufschlauch, der vom Heizungskasten durch den
Getriebtunnel nach draußen führt, wird abgezogen und der Schraubenzieher
in den Kunststoffflansch gesteckt - ein beherzter Schlag mit dem
Handballen auf den Schraubenzieherkopf und 1,5 Liter Wasser laufen ab.
Diese Schnellreperatur muß ich jedes Jahr wiederholen.
Rost Die Rostschutzvorsorge des Fahrzeugs ist
vorbildlich. Trotzdem kann es nach 12 bis 15 Jahren zu ersten
Durchrostungen kommen. Diese liegen im Schwellerbereich. Sämtliche
Wagenheberaufnahmen des 260er waren 2002 durchgerostet. Durch Einsatz sehr
kleiner Reperaturbleche konnten die Schäden behoben werden.
Zur Zeit
hat das Fahrzeug noch an einer Stelle Rost: Am vorderen
rechten Kotflügel über der Stoßstange.
Reperatur der durchgerosteten Wagenheberaufnahmen
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/rost2.JPG) Durchgerostet
zugeschweißt
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/rost3.JPG)
und geputzt
Reparatur des durchgerosteten Radlaufs hinten
Warum der Radlauf hier durchgerostet ist, weiss ich nicht. Mit dem
Radlaufchrom hat das nichts zu tun. Na ja, der Rost war sehr begrenzr und
die Reparatur finde ich vorbildlich.
![](http://www.strichacht.privat.t-online.de/rost6.JPG)
Radlauf
fertig
Reperatur der durchgerosteten Tür Die hintere
rechte Tür hat vor 8 Jahren angefangen zu rosten. Das ist nicht schlimm,
aber es sieht nicht sehr schön aus. Ich hatte immer überlegt, einfach eine
neue Tür einzubauen. Schließlich habe ich die Stelle aber doch
zugeschweißt. Das lohnt sich aber wirklich nicht, denn mit Demontage und
Montage der Türverkleidung und des Schließmechanismus habe ich fast 10
Stunden dafür gebraucht.
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1724.JPG) Die demontierte
Tür
Rost
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1732.JPG)
zugeschweißt und
geflext
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1735.JPG)
und
geputzt
Handtücher
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1738.JPG) ![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1741.JPG)
gespachtelt
und geschliffen
![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1748.JPG) ![Operation am offenen Herzen](http://www.strichacht.privat.t-online.de/260er/k-IMG_1750.JPG) und lackiert
Alex Troska, November 2007
|